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Zeh, Juli

Juli Zeh (geb. 30. Juni 1974 in Bonn) ist eine deutsche Schriftstellerin und Juristin. Sie lebt in Barnewitz im Landkreis Havelland/Brandenburg.

Leben und Schreiben

Juli Zeh - (c) Frankfurter Buchmesse/Baptista

Juli Zeh wurde am 30. Juni 1974 in Bonn geboren. Ihr Vater war Jurist im parlamentarischen Dienst des Bundestags, ihre Mutter Übersetzerin. Nach dem Abitur ging sie zunächst nach Passau, wo sie von 1993 bis 1995 Jura studierte. In Leipzig setzte sie ihr Studium fort und legte dort 1998 das beste Staatsexamen in Sachsen ab. Es folgte der juristische Aufbaustudiengang in „Recht der Europäischen Integration“, den sie 2001 beendete. Nach dem juristischen Referendariat am Landgericht Leipzig legte sie 2003 das zweite juristische Staatsexamen ab. Eine angebotene Richterstelle nach ihrem Examen schlug sie aus, weil sie noch promovieren wollte.

Neben ihrem Jurastudium studierte sie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig?, wo sie 2000 das Diplom erhielt. Später war sie am Literaturinstitut? als Dozentin tätig. Zahlreiche Auslandsaufenthalte führten sie unter anderem nach New York, Krakau, Sarajevo, Bosnien und Herzegowina. Die Eindrücke dieser Reisen schlugen sich auf vielfältige Art in ihrem literarischen Werk? nieder.

„Adler und Engel“ (2001)

Bereits seit 1996 war Juli Zeh erfolgreich als Essayistin tätig. 1999 wurde sie mit dem Preis der Humboldt-Universität und 2000 mit dem Caroline-Schlegel-Preis? für Essayistik ausgezeichnet. Außerdem veröffentlichte sie Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien?.

Unter dem Titel „Adler und Engel“ legte Juli Zeh im Jahr? 2001 ihr Romandebüt? vor, das von der Literaturkritik und auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2001 euphorisch gefeiert wurde. Im Zentrum einer rasanten Liebes- und Leidensgeschichte steht der Ich-Erzähler Max – zu Schulzeiten übergewichtig und mit Pickeln übersät, heute ein smarter Prädikatsjurist für Völkerrecht und Osteuropa. Max erlebt am Telefon, wie sich Jessie, seine Jugendfreundin und die Tochter eines Drogenhändlers, eine Kugel in den Kopf jagt. Daraufhin beschließt Max, seine Bilderbuchkarriere in einer renommierten Leipziger Anwaltskanzlei zu beenden und sich langsam aber sicher zu Tode zu koksen.

Das ist der Anfang von „Adler und Engel“. Dann fällt Max der abgebrühten Psychologiestudentin Clara in die Hände, die eine Diplomarbeit über die „Pathologie des Organisierten Verbrechens“ schreibt. Für sie kommt die Bekanntschaft mit Max gerade zum richtigen Zeitpunkt. Denn gemeinsam mit Clara erfährt nun der Leser, wie es zu Jessies Selbstmord gekommen ist. In „Adler und Engel“ geht es um den Balkan, um Drogen, Waffen und Menschenhandel, um Kriegsverbrechen und hilflose UN-Politiker. Und vor allem darum, wie das alles miteinander verflochten ist und von der Weltöffentlichkeit geduldet wird.

Der Rezensent der „Tageszeitung“ lobte Juli Zehs Debütroman? in den höchsten Tönen, da es der Schriftstellerin gelinge, sämtliche Erwartungen des Lesers zu enttäuschen und ihn immer wieder aufs Neue zu überraschen. Auch der Rezensent der „Zeit“ war beeindruckt und betonte, dass es sich bei dem Roman um eine überaus gelungene Mischung aus Drogenthriller?, Kapitalismuskritik und Initiationsgeschichte? handle. Weniger angetan war der Buchkritiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, der die Sprache des [Roman | Romans]] als „ungelenk bis peinlich“ bezeichnete und zudem Zweifel an der historischen Faktentreue der Autorin anmeldete. Auf der Leipziger Buchmesse 2002 wurde Juli Zeh mit dem Deutschen Buchpreis? für das erfolgreichste Debüt? ausgezeichnet. Zuvor hatte sie bereits den „Bremer Literaturpreis?“ (2001) und den „Rauriser Literaturpreis?“ (2002) erhalten.

„Die Stille ist ein Geräusch“ (2002)

Mit dem Reportageband? „Die Stille ist ein Geräusch. Eine Fahrt durch Bosnien“ (2002) kehrte Juli Zeh thematisch auf den Balkan zurück. Im Sommer 2001 war sie mit ihrem Hund nach Bosnien gefahren. Die Reise führte sie unter anderem nach Sarajewo, Mostar, Tuzla, Srebrenica und Bihac – alles ehemalige Kriegsschauplätze auf dem Balkan. An diesen Orten fand Juli Zeh den Stoff für ihre eigenwilligen und bilderreichen Geschichten. Dabei interessiert sie sich vor allem für Menschen, Städte und Landschaften, weniger für die politischen Hintergründe des Krieges.

Die Rezensentin der „Neuen Zürcher Zeitung“ lobte vor allem die forsche, sarkastische und metaphernreiche Sprache, monierte jedoch gleichzeitig, dass das Tiefgründige auf der Strecke bleibe. Der kosovo-albanische Schriftsteller Beque Cufai?, der das Buch für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ rezensierte, bescheinigte der Autorin schlichtweg Ignoranz hinsichtlich der Geschichte des Landes. Sie liefere den Leser langweiligen und unreflektierten Monologen? aus, in deren Mittelpunkt häufig nichts weiter als die Kleinmädchen-Befindlichkeit einer jungen naiven Erfolgsautorin stehe.

„Schilf“ (2007)

Es folgten der RomanSpieltrieb“ (2004), das „Kleine Konversationslexikon? für Haushunde“ (2005) und der Sammelband? „Alles auf dem Rasen“ (2006). Letzterer enthält 30 journalistische? Arbeiten, in denen Juli Zeh unter anderem über Pornographie?, Literatur und Kapitalismusdebatte schreibt.

zur Rezension von "Spieltrieb"

Im Jahr 2007 legte Juli Zeh unter dem Titel „Schilf“ ihren dritten Roman vor, dem von der Literaturkritik fast unisono eine bis zur Peinlichkeit forcierte Überambitioniertheit vorgeworfen wurde. In dem Roman geht es um einen Mord. Ein Kommissar ermittelt und stellt am Ende fest, dass alles ganz anders ist, als er gedacht hat. Nebenbei widmet sich Juli Zeh in dem Roman der Quantenmechanik und der Allgemeinen Relativitätstheorie. Ein Rezensent wirft der Autorin vor, ihre Geschichte krampfhaft interessant und geheimnisumweht konstruiert zu haben. Dabei habe sie es leider versäumt, ihre Protagonisten mit Leben zu erfüllen.

zur Rezension von "Schilf"

Im Jahr 2009 wurde Juli Zeh mit dem Carl-Amery-Literaturpreis? ausgezeichnet. Der Preis wird an Autoren verliehen, in deren Werk "eine zeitkritische Literatur neue ästhetische Wege zu gehen und damit das Spektrum literarischer Möglichkeiten zu erweitern sucht", so die Preisstifter mit. In Bezug auf Juli Zeh urteilte die Jury, sie zähle "zu den aufregendsten Erzählerinnen deutscher Sprache. Ihre kühnen Geschichten und Psychogramme entstehen auch mit dem nüchternen Blick der Juristin (die sie auch ist), die sich der Fakten versichert und auf dieser Basis ihre kunstvollen Texte entwirft. Und doch ist sie keine Autorin des Wohllauts. Rücksichtslos gegen alle Gebote des ausgewogenen oder schönen Tons integriert sie aktuellste Gegenwart in ihre Romanwelten, sei es durch Exzesse des Metapherngebrauchs, durch die Schonungslosigkeit in der Darstellung psychischer Abgründe oder durch die Maßlosigkeit in der Inanspruchnahme der Wissensfelder, mit denen die moderne Welt Aufschluss über sich zu geben versucht."

„Corpus Delicti. Ein Prozess“ (2009)

Den Staat als Gesundheitsdiktatur stellte Juli Zeh in den Mittelpunkt ihrer 2009 erschienenen Anti-Utopie "Corpus Delicti. Ein Prozess". Dieser "fürsorgliche" Staat ist überall: Seinen Bewohnern sind Datenchips implantiert, die es erlauben, ihren Lebenswandel zu kontrollieren. Man begrüßt einander auf der Straße mit "Santé", Liebesbeziehungen werden nach genetischen Gesichtspunkten von Datenbanken angebahnt.

Anhand der Protagonistin Mia Holl beschreibt Zeh, was in solch einer Diktatur mit Menschen passiert, die nicht die Normen von Gesundheit, Glück und Wohlergehen erfüllen. Mia Holl wird depressiv, nachdem ihr Bruder sich im Gefängnis umgebracht hat, weil er seine Unschuld an einem Mord nicht beweisen konnte. Auf vielfache Weise verletzt sie fortan den Grundsatz, wonach man es der Gemeinschaft schuldet, gesund und glücklich zu sein. So versäumt sie es etwa, ihren Schlafbericht einzureichen. Schließlich wird sie, die doch an die Maximen des Staates geglaubt hatte, zu seiner Feindin gemacht: Sie wird als Terroristin verhaftet, gefoltert und vor Gericht gestellt. Dem Tod durch Einfrieren entgeht sie zuletzt nur, weil der Staat keine Märtyrer haben möchte.

Gelobt wurde an dem Buch den knappen Erzählstil und den Verzicht auf plakative Gegenwartsbezüge, die sich mit Blick auf den herrschenden Schönheits- und Fitnesskult durchaus herstellen ließen. Zeh schaue einfach, was passiere, wenn solche Ziele sich verselbstständigten. Die Assoziationen stellten sich beim Leser daraufhin schon von selber ein.

"Angriff auf die Freiheit" (2009)

Ebenfalls 2009 veröffentlichte Juli Zeh gemeinsam mit Ilija Trojanow das Buch "Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte". Die beiden Autoren prangern darin das zunehmende Vordringen des Staates in die Privatsphäre des Einzelnen an, das mit der Notwendigkeit von Terrorabwehr begründet wird. Gemeinsam schrieben sie 2013 einen offenen, von 70.000 Mitunterzeichnern unterstützten Brief an Bundeskanzlerin Merkel, in dem sie sie aufforderten, gegen die illegale Datensammlung der NSA vorzugehen. Im selben Jahr wurde Trojanow zeitweise die Einreise in die USA verweigert.

Juli Zeh lebt in Barnewitz im Landkreis Havelland/Brandenburg.

Übrigens ...

hat Juli Zeh beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen den biometrischen Reisepass eingereicht. Als Begründung gab sie an, dass die obligatorische Erfassung von Fingerabdrücken in Reisepässen ein grundsätzliches Problem in einer freiheitlichen Gesellschaft darstelle.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Juli Zeh bei Jokers
  • Adler und Engel. OA 2001
  • Die Stille ist ein Geräusch. Eine Fahrt durch Bosnien. OA 2002
  • Spieltrieb. OA 2004
  • Alles auf dem Rasen. OA 2006
  • Schilf. OA 2007
  • Das Land der Menschen. OA 2008
  • Corpus Delicti. Ein Prozess. Roman. OA 2009
  • (mit Ilija Trojanow) Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte. OA 2009
  • Das Mögliche und die Möglichkeiten. Rede an die Abiturienten des Jahrgangs 2010. OA 2010
  • Das Übergangsrecht. Zur Rechtsetzungstätigkeit von Übergangsverwaltungen am Beispiel von UNMIK im Kosovo und dem OHR in Bosnien-Herzegowina. OA 2011 (Dissertation von 2010)
  • Aufgedrängte Bereicherung. Tübinger Poetik-Dozentur 2010. OA 2011
  • Nullzeit. Roman. OA 2012
  • Die Geschenkte Stunde. Eine Geschichte. OA 2012
  • Die Diktatur der Demokraten. Warum ohne Recht kein Staat zu machen ist. OA 2012
  • Treideln. Frankfurter Poetikvorlesungen. OA 2013
  • Good Morning, Boys and Girls. Theaterstücke. OA 2013
  • (mit Herfried Münkler? und Hamed Abdel-Samad?) Was steht zur Wahl? Über die Zukunft der Politik. OA 2013

Hörbücher

  • Adler und Engel. 4 CDs. München, Heyne Hörbuch 2002, ISBN: 978-3453215092
  • Alles auf dem Rasen . CD. Frankfurt am Main, Eichborn Verlag, ISBN: 978-3821854625
  • Schilf. 6 CDs. Berlin, Der Audio Verlag 2007, ISBN: 978-3898136877

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