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Brontë, Charlotte

Charlotte Brontë (geb. 21. April 1816 in Thornton / Yorkshire; gest. 31. März 1855 in Haworth / Yorkshire) war eine britische Schriftstellerin. Ihr Roman „Jane Eyre“ gilt als ein Klassiker der viktorianischen Romanliteratur des 19. Jahrhunderts.

Leben und Schreiben

Von Kindheit an ließen die drei Pfarrerstöchter Charlotte, Emily Jane und Anne Brontë ihre überbordende Fantasie in Texten abfließen, die in den von ihnen erdachten Welten Angria und Gondal spielten, und nun, im Oktober 1847, nachdem sie den Mut besessen hatten, ihre eben vollendeten Romane einem Verleger anzubieten, war Charlottes Erstling? „Jane Eyre“ erschienen.

Cowan Bridge

Anne, Emily und Charlotte Brontë (v. li.) auf einem Gemälde ihres Bruders - (c) Gemeinfrei

Die berühmt gewordene und oft verfilmte Geschichte behandelt das Leben der Gouvernante Jane, die als Waise zunächst bei einer hartherzigen Tante lebt und von dieser in das von einem sadistischen Geistlichen geführte Internat Lowood abgeschoben wird. Dort schließt sie sich eng an eine Mitschülerin an, die jedoch an der Schwindsucht stirbt. Jane wird später Lehrerin in Lowood, nimmt aber schon bald eine Stellung als Gouvernante auf Thornfield Hall an. Nach dramatischen Wirren heiratet Jane schließlich ihren einstigen Arbeitgeber Mr. Rochester.

In dem Roman verarbeitete die Autorin ihre Kindheits- und Jugenderlebnisse. Nach dem Tod ihrer Mutter wurden sie und ihre fünf Geschwister von ihrer herben, streng methodistischen Tante Elizabeth Branwell im Pfarrhaus zu Haworth in Yorkshire erzogen. Ihr Vater, Patrick Bronte, entstammte einfachen Verhältnissen, hatte sich aber durch Intelligenz und Fleiß ein Stipendium an der renommierten Universität Cambridge erworben und wurde 1806 Pfarrer. Er trat sogar schriftstellerisch mit mehreren Werken? an die Öffentlichkeit, eines davon waren die „Cottage Poems“. Patrick wollte seinen Kindern ebenfalls eine fundierte Ausbildung, seinen bescheidenen finanziellen Möglichkeiten entsprechend, verschaffen und schickte die vier ältesten Töchter Maria, Elizabeth, Charlotte, damals acht Jahre alt (sie wurde am 21. April 1816 geboren), und Emily Jane in die Internatsschule Cowan Bridge, eine Stiftung für arme Pfarrerstöchter.

Die Kinder erwartete in Cowan Bridge ein feuchtes, kaum beheiztes Haus, verdorbenes Essen, verseuchtes Trinkwasser, strenge Zucht, demütigende und sogar körperliche Strafen. Maria und Elizabeth überlebten Cowan Bridge nicht; Unterernährung und unhygienische Verhältnisse führten zum Ausbruch einer Tuberkulose, der beide Mädchen erlagen. Charlotte und Emily Jane wurden gerade noch rechtzeitig von ihrem Vater nach Haworth zurückgeholt, schwer traumatisiert allerdings. Die drei übriggebliebenen Mädchen und ihr Bruder Branwell wurden zu verschlossenen, komplizierten Menschen, geradezu kauzige Charaktere, die in ihrem Haus inmitten der Grabsteine des Haworther Friedhofs lebten und tagsüber stundenlang durch die schroffe Heidelandschaft der Umgegend geisterten.

Gouvernantenleben

Mit vierzehn Jahren trat Charlotte in die Schule von Roe Head ein, um sich auf den einzigen ihr offen stehenden Beruf der Gouvernante vorzubereiten. Aber ihre wahre Berufung galt der Literatur. Sie verschlang die Werke Miltons?, Shakespeares und Goldsmiths?, liebte die Dichtungen Scotts?, Byrons? und Southeys? und verehrte die Poesie William Wordworths?. An diesen Meistern der englischen Schreibkunst schulte sie die eigene.

In Roe Head wirkte Charlotte nach Beendigung ihrer Schulzeit als Lehrerin. Einige Jahre später arbeitete sie als Gouvernante wie ihre beiden Schwestern, erlebte die Demütigungen, die dieser irgendwo zwischen Herrschaft und Dienstboten angesiedelter Berufsstand mitbrachte, und nahm sie alle in ihren großen Roman auf.

Ausgeträumt

Das Jahr 1845 fand die vier Geschwister wieder in Haworth. Alle waren in ihrem Berufsleben gescheitert. Branwell, der Prototyp eines verhinderten Künstlers, war wegen Verdachts der Unterschlagung entlassen worden, Anne gab ihren Posten als Gouvernante auf, Emily Jane hatte es ohnehin nur sechs Monate als Lehrerin außerhalb von Haworth ausgehalten und Charlotte musste ihre Pläne einer eigenen Schule begraben.

Den Traum einer eigenen Schule hatte sie seit Jahren geträumt. Um ihn realisieren zu können, drückte sie mit vierundzwanzig Jahren ein weiteres Mal die Schulbank, diesmal in Brüssel, um ihre Französischkenntnisse zu vervollkommnen. Die französische Sprache gehörte zum Lehrkanon der Zeit. Der Leiter des Pensionats Héger wurde Charlottes Mentor. Er bot seiner begabten Schülerin eine Stellung als Lehrerin an, im Gegenzug erhielt sie freie Unterkunft und kostenlosen Unterricht. Als Charlotte sich jedoch in Constantin Héger verliebte, fand ihr Aufenthalt in Brüssel durch die Haltung von Hégers Ehefrau ein rasches Ende.

Wieder zurück in England inserierte sie in einer Zeitung, eine Schule eröffnen zu wollen. Der Unterrichtsplan sollte neben den üblichen Fächern Latein und Deutsch umfassen. Es meldete sich keine einzige Schülerin. Den Brontës blieb nur das Schreiben.

Unter den Pseudonymen Currer, Ellis und Acton Bell veröffentlichten die Schwestern einen Gedichtband, von dem sich nur zwei Exemplare verkaufen ließen. Trotz dieses Rückschlags schrieben die Schwestern beharrlich weiter. Anne an dem Gouvernantenroman „Agnes Grey“, Emily Jane an „Wuthering Heights“, deutschen Lesern und Cineasten unter dem Titel „Sturmhöhe“ bekannt, und Charlotte eben an „Jane Eyre“.

„Jane Eyre“

Die Hauptfigur des Romans erwirbt sich die Liebe ihres Dienstherrn, des reichen, imposanten und zugleich etwas verbittert und düster wirkenden Mr. Rochester, dessen Haus ein schauriges Geheimnis zu verbergen scheint. Vor dem Traualtar muss die kleine Gouvernante erfahren, dass ihr Bräutigam längst verheiratet ist. Er versteckt seine dem Wahnsinn verfallene Frau vor der Öffentlichkeit in einem Turm seines Hauses. Jane flieht. Ohne Geld, ohne Ziel läuft sie durch die Heide und wird, krank und erschöpft, von dem Missionar John Rivers gefunden. Bei ihm und seiner Schwester erfährt Jane zum ersten Mal so etwas wie Geborgenheit, lehnt dennoch einen Heiratsantrag Rivers ab. Es zieht sie zurück zu ihrer großen Liebe. Sie erfährt, dass Mr. Rochesters Frau im Wahn das Haus in Brand gesetzt und in den Flammen Selbstmord begangen hat, und sie findet ihren Geliebten als gebrochenen, erblindeten Mann wieder. Doch nun, da nichts mehr ihrer Liebe im Wege steht, finden sie zueinander.

Charlotte, die ihre eigene unerfüllte Liebe zu Héger in diesem Roman verarbeitet hat, wurde über Nacht zur gefeierten Autorin. Im Erfolg von „Jane Eyre“ schwammen die Bücher ihrer Schwestern mit. Neben den in Lobeshymnen schwelgenden Rezensionen gab es allerdings auch kritische Stimmen, die sich an der düsteren Leidenschaftlichkeit der Figuren, den herben Szenerien und emanzipatorischen Anflügen rieben.

Schicksalsjahr

Lange konnten die drei Schwestern den gemeinschaftlichen Erfolg nicht auskosten. Der seit Jahren alkohol- und opiumkranke Branwell starb 1848 an Auszehrung. Im selben Jahr siechte Emily Jane an Tuberkulose hin. Sie wurde nur dreißig. Im Jahr darauf starb Anne, neunundzwanzig Jahre jung. Durch eine Reise nach Scarborough an die Küste hoffte Charlotte, das Leben ihrer Schwester verlängern zu können, doch vergebens. Charlotte litt unsäglich unter den so rasch aufeinander gefolgten Toden ihrer Geschwister. Depressionsschübe peinigten sie.

„Es ist eine Prüfung, in einem verlassenen Zimmer zu sitzen - die Uhr tickt laut durch das stille Haus - und vor sich das Buch der Erinnerungen ans vergangene Jahr mit all seinen furchtbaren Schicksalsschlägen zu haben, seinen Leiden, seinen Verlusten“, schrieb sie im Juli 1849.

Sie vergrub sich ins Schreiben, um ihrer Trauer Herrin zu werden. Ihre weiteren Romanprojekte waren erfolgreich: „Shirley“ (1849), in das sie Züge ihrer Schwester Emily Jane eingeflochten hat und das auf die aktuelle Situation der Arbeiterbewegungen anspielte; „Villette“ (1853), das „Jane Eyre“ an Großartigkeit der Konstruktion, der Figurencharakteristik, sowie der Raum- und Lichtgestaltung weit übertraf und zu den bedeutendsten Romanen des 19. Jahrhunderts gezählt werden muss.

Der Erfolg trieb Charlotte aus ihrem verschrobenen Haworther Winkel zeitweilig in die geschäftige Metropole London. Sie besuchte Vorträge, Gesellschaften, begegnete anderen literarischen Größen wie dem Poeten William Makepeace Thackerey? oder der Dichterin Harriet Martineau? und gewann Freunde wie die Schriftstellerin und ihre erste Biographin Elizabeth Gaskell?. Sie war nun eine wohlhabende Frau, die sich ein wenig Luxus leisten konnte.

Aber weder Ruhm noch Geld konnten die zunehmende innere Vereinsamung lindern, an der Charlotte litt. Ohne Emily Jane und Anne fehlten ihr Glück und gleichgestimmtes Denken und Fühlen.

Flucht in die Ehe

Es war wohl die Sehnsucht, mit einer eigenen Familie die verlorene zu rekonstruieren, der Wunsch nach Geborgenheit und Gemeinschaft, der die Dichterin dazu bestimmte, nach langem Zögern einen Mann zu ehelichen, den sie nicht liebte. All den emanzipatorischen Ansätzen in ihren Romanen zum Trotz war Charlotte Brontë eine Frau des beginnenden 19. Jahrhunderts, die ihr Lebensglück in einer Heirat und Familie begründet sah.

Im Juni heiratete sie den Hilfsgeistlichen Arthur Bell Nicholls. Das Paar lebte zusammen mit Charlottes Vater im Pfarrhaus von Haworth. Und die Schriftstellerin begann die Arbeit an ihrem letzten Roman, „Emma“. Diese Arbeit freilich hatte sich nun nach der Tagesordnung ihrer beiden Männer zu richten, wie sich Charlotte bei einer Jugendfreundin beklagte.

Sie war bereits schwanger, als sie sich während eines Novemberspaziergangs bei regnerischem Wetter eine Erkältung zuzog, die chronisch wurde. Sie leide sehr, vor allem nachts, spucke Blut, schrieb sie ihrer Vertrauten und auch, dass sie ihrem Mann verboten habe, den Arzt zu konsultieren und ihre Medikamente nur unregelmäßig nahm, als wollte sie ihren Tod absichtlich herbeiführen. Nach Wochen der Bettlägerigkeit forderte die Krankheit ihr Leben und das Leben ihres ungeborenen Kindes.

Charlotte Brontë starb am 31. März 1855. Sie liegt auf dem Haworther Friedhof begraben.

Fünf Jahre nach ihrem Tod erschien ihr letzter Roman „Emma“ mit einem Vorwort? William Thackerays?.

Übrigens ...

Das Pfarrhaus von Haworth beherbergt heute ein Brontë-Museum und ist Wallfahrtsort vieler Literaturpilger.

Werke (Auswahl)

Ausgaben

  • Charlotte Brontë, The Complete Poems, hg. v. Clement Shorter, London 1923
  • Charlotte Brontë, Jane Eyre, 3 Bde. London 1847
  • Charlotte Brontë, Shirley, London 1849
  • Charlotte Brontë, Villette, London 1853
  • Charlotte Brontë, The Professor, London 1857
  • Charlotte Brontë, Emma. A Fragment, in: Cornhill Magazine 1860

Sekundärliteratur

  • Elisabeth Gaskell, Das Leben der Charlotte Brontë, übers. Von Irmgard und Peter Schmitt, München 1997, ISBN 3-423-20048-0
  • Elsemarie Maletzke, Das Leben der Brontës. Eine Biographie, Frankfurt a.M. 1992, ISBN 3-596-10785-7

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