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Naipaul, Vidiadhar Surajprasad

Sir Vidiadhar Surajprasad Naipaul - (c) Claassen Verlag

Vidiadhar Surajprasad Naipaul (geb. 17. August 1932 in Chaguanas bei Port of Spain/Trinidad) ist ein englischer Schriftsteller indischer Abkunft und trinidadischer Herkunft. 2001 erhielt Naipaul den Nobelpreis für Literatur.

Leben und Schreiben

Sir Vidiadhar Surajprasad Naipaul wurde am 17. August 1932 in Chaguanas bei Port of Spain/Trinidad geboren. Sein Großvater mütterlicherseits kam aus Utar Pradesh/Indien auf die Karibikinsel, wo er als Kontraktarbeiter auf verschiedenen Zuckerrohrplantagen tätig war. Naipaul wuchs zunächst bei der Familie seiner Mutter auf. Seinen Vater Seepersad Naipaul?, der wie die gesamte Familie der Kaste der Brahmanen angehörte, lernte er erst im Alter von sechs Jahren kennen. Der Vater war Autodidakt und arbeitete sich – nach vielen Rückschlägen, die ihn mehrmals zum Neubeginn zwangen – bis zum Drucker? und Redakteur? des „Trinidad Guardian“ hoch.

Naipaul erzählte später, dass er seinem Vater, der ein leidenschaftlicher Leser und Vorleser gewesen sei, für seinen Lebensweg als Schriftsteller unendlich viel verdanke. Vor allem der enge Kontakt mit der bunten Welt der Phantasie und den vielen verschiedenen Büchern, die der Vater mit in die Familie gebracht habe, sei für das Erwachen seiner literarischen Neigungen ausschlaggebend gewesen. Unter dem Titel „The Adventures of Gurudeva“ gab Naipaul 1976 postum einen Band mit Kurzgeschichten heraus, die aus der Feder des Vaters stammten. Darin schildert er das Leben der nach Trinidad eingewanderten Inder. Naipauls jüngerer Bruder Shiva?, der 1985 im Alter von 40 Jahren starb, war ebenfalls Schriftsteller und gelangte zu internationalem Ansehen.

„The Mystic Masseur“

Naipaul war von 1939 bis 1942 Schüler der Tranquillity Boys’ School. 1942 wechselte er an das Queen’s Royal College in Port of Spain. Von 1950 an studierte er mit einem Stipendium in Oxford/England, wo er 1953 den Abschluss mit Auszeichnung in Englisch machte.

Seine berufliche Laufbahn begann Naipaul 1954 bei der BBC in London, wo er vor allem für das Karibikprogramm „Caribbean Voices“ tätig war. Von 1957 bis 1961 arbeitete er als Literaturkritiker beim „New Statesman“. In seiner Freizeit schrieb er Romane und Erzählungen. Sein Erstlingswerk? „Miguel Street“, an dem er bis 1954 arbeitete, kam erst 1959 auf den Markt. Naipauls erster veröffentlichter Roman ist die Schelmengeschichte „The Mystic Masseur“ (1957), in dessen Zentrum der sympathische Faulenzer und verkrachte Prophet Ganesh Ramsumir steht. Alles, was Ganesh anpackt, misslingt. Inhaltlich geht es um die Suche nach der eigenen Identität, die erst durch das Leben in der Fremde an Brisanz gewinnt.

Mit viel Mitgefühl und Anteilnahme schildert Naipaul das indische Einwanderermilieu im Süden Trinidads – eine Erzählhaltung, die für seine frühen Romane charakteristisch ist und ihn zu einem der führenden Autoren der aufkommenden Commonwealth-Literatur machte. Angeregt zu „The Mystic Masseur“ wurde Naipaul durch die Artikel seines Vaters, die dieser im „Trinidad Guardian“ veröffentlichte.

„A House for Mr. Biswas“

1961 legte Naipaul den autobiographisch gefärbten Roman „A House for Mr. Biswas“ vor, an dem er seit 1957 gearbeitet hatte. Wie die Romane „The Mystic Masseur“ (1957), „The Suffrage of Elvira“ (1958) und „Guerillas“ (1975) spielt auch „A House for Mr. Biswas“ unter indischen Einwanderern in der Karibik. In dem Roman, der ein Bestseller wurde und bis heute aufgelegt? wird, erzählt Naipaul eine fiktive Biographie, für die der Vater des Autors das Vorbild abgab. Der bizarre Protagonist des Buches ist Mohun Biswas, der als Sohn eines verarmten Landarbeiters geboren wurde. Nach dem Tod des Vaters beginnt für ihn eine Odyssee durch die unterschiedlichsten sozialen Rollen, erotischen Affären und intellektuellen Abenteuer.

In seinem Leben gibt es nur eine Konstante – und das ist der Traum vom eigenen Haus. Ein Haus, in dem er seine zerfallende Familie wieder zusammenführen möchte. Der Traum scheint zum Greifen nah. Doch das Haus wird niemals fertig. Mohun Biswas stirbt im Alter von achtundvierzig Jahren. Naipaul, der die Geschichte distanziert und mit bissiger Ironie erzählt, rechnete „A House for Mr. Biswas“ zu seinen so genannten „sozialen Komödien“, in denen er die koloniale Gesellschaftsordnung und ihre an Entwurzelung und Unbehaustheit leidenden Menschen schildert.

„An Islamic Journey“

Neben der Arbeit an seinen Romanen unternahm Naipaul ausgedehnte Reisen, die ihn wiederholt nach Europa, Afrika, Indien und Lateinamerika führten. Seit den frühen 1960er Jahren machte er sich auch mit seinen Reisereportagen? und politischen Essays einen Namen. Dabei sorgten seine Thesen, in denen er die Schuld für die Armut und Stagnation in der Dritten Welt nicht nur bei den ehemaligen Kolonialisten, sondern auch bei den Unterdrückten sah, für heftige Diskussionen. Insbesondere Naipauls diesbezügliche Debatte mit dem Schriftsteller Salman Rushdie stieß auch in Europa auf außerordentliche Resonanz. Sie gipfelte in Rushdies Aussage, Naipaul habe den ihm 2001 verliehenen Nobelpreis für Literatur durch seine zweifelhafte Schuldthese geschändet.

Naipauls erfolgreichsten Reiseberichte waren „The Congo Diary“ (1980), „The Return of Eva Peron“ (1980) und „Among the Believers. An Islamic Journey“ (1981). In Letzterem zeichnet er die Entwicklung des fundamentalistischen Islam nach und kritisiert die iranische Revolution des Ayatollah Khomeini. Dabei deutet er das Erstarken radikaler Positionen in der islamischen Welt als Reaktion auf die wirtschaftliche und kulturelle Dominanz des Westens. Besonders die scharfe Beobachtungsgabe, die kühnen Assoziationen und die lakonische Sprache erregten die Bewunderung des Feuilletons?.

Nobelpreis für Literatur 2001

Zwischen 1964 und 1990 veröffentlichte Naipaul seine breit angelegte Indien-Trilogie?, die aus den Bänden „An Area of Darkness“ (1964), „India: A Wounded Civilization“ (1977) und „India: A Million Mutinies Now“ (1990) besteht. Von der Fachkritik wurde diese Trilogie? zum Meisterwerk erhoben. Den Leser erwartet darin eine komplexe Mischung aus autobiographischer Spurensuche und intensiver Analyse der indischen Geschichte, Gesellschaft und Kultur. Der erste Band „An Area of Darkness“ lag erst 1997 in deutscher Übersetzung vor.

1990 wurde Naipaul von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. 2001 zeichnete ihn die Königlich Schwedische Akademie mit dem Nobelpreis für Literatur aus. Naipaul sei ein neuzeitiger Aufklärungsschriftsteller?, teilte die Akademie mit. Er führe die Tradition weiter, die einmal mit „Lettres persanes“ und „Candide“ begonnen habe. Mit einem hellwachen Stil, der zu Recht bewundert werde, verwandle er Zorn in Genauigkeit und lasse die Ereignisse mit der ihnen eigenen Ironie zu Wort kommen.

„Des Nachtwächters Stundenbuch“

Die Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis stieß nicht überall auf Zustimmung. Sie hatte jedoch zur Folge, dass das Interesse auch an den früheren Werken des Autors stark zunahm. 2004 erschien der Sammelband „Des Nachtwächters Stundenbuch und andere komische Entdeckungen“. Neben dem kleinen Roman „Mr. Stone und die Gemeinschaft der firmen Ritter“ enthält der Band frühe und in Deutschland zuvor noch nicht veröffentlichte Erzählungen und Kurzgeschichten. In der Mehrzahl der Stücke erweist sich Naipaul als feiner Satiriker und humorvoller Plauderer, der das bunte Leben der kleinen Leute auf der Karibikinsel Trinidad schildert.

Oft verwendet Naipaul den lokalen Dialekt, das so genannte Patios. Laut „Neue Zürcher Zeitung“ ist es den Übersetzern jedoch nicht immer gelungen, den sprachlichen Feinheiten des Dialekts auch im Deutschen Rechnung zu tragen. Zu den Höhepunkten des Bandes zählt der Rezensent die Erzählungen „Die idealen Mieter“ und „Eine Flagge über der Insel“ sowie den Roman „Mr. Stone und die Gemeinschaft der firmen Ritter“. Der Band ist 2005 auch als Hörbuch erschienen.

2003 veröffentlichte Naipaul den Roman „Magic Seeds“, der im Feuilleton? aufgrund einiger frauenfeindlicher Passagen heftig diskutiert wurde. Im selben Jahr gab Naipaul bekannt, dass er keine Bücher mehr schreiben werde.

"Das Lesen und das Schreiben"

Bereits im Jahr 2000 hatte Naipaul unter dem Titel "Das Lesen und das Schreiben" eine literarische Rechenschaft über seine eigene Arbeit, eine Autopbiographie?, veröffentlicht. Sie wurde später um seine Rede anlässlich der Verleihung des Nobelpreises ergänzt und erschien 2003 auf Deutsch. Naipaul reflektiert darin seinen Weg von Trinidad bis nach Oslo und seine Stellung zwischen den drei Kulturen Indiens: des postkolonialen Trinidad und Englands. Seine Bücher, so zeigt sich hier, sind Ergebnisse seines fortwährenden Bemühens, diese drei Kulturen und ihre Bedeutung für ihn selbst zu verstehen.

2006 erschien Naipauls bereits 1990 verfasster Reportageband? „Indien“ auf dem deutschen Buchmarkt.

Vidiadhar Surajprasad Naipaul ist mit der pakistanischen Journalistin Nadiru Khannum Alvi verheiratet. Er lebt in England.

Übrigens ...

ist Vidiadhar Surajprasad Naipaul kein beliebter Interviewpartner. Nach Aussage von Journalisten kommt es schon mal vor, dass er den Fragesteller durch unsachliche Antworten vor den Kopf stößt.

Auszeichnungen

  • 1957 John Llewelyn Rhys Memorial Prize
  • 1959 Somerset Maugham Award
  • 1963 Hawthornden Prize
  • 1968 W. H. Smith Award
  • 1971 Booker Prize?
  • 1983 Jerusalem-Preis
  • 1986 T. S. Eliot Award
  • 1986 Ingersoll Prize
  • 1989 Trinity Cross
  • 1993 David-Cohen-Literaturpreis
  • 2001 Nobelpreis für Literatur

Werke (Auswahl)

  • Bücher von V. S. Naipaul bei Jokers
  • Der mystische Masseur. EA 1957. Berlin, List Verlag 2001, ISBN: 978-3548602356
  • Miguel Street. Eine Geschichte aus Trinidad. EA 1959. Berlin, List Verlag 2003, ISBN: 978-3548603155
  • Ein Haus für Mr. Biswas. EA 1961. Berlin, List Verlag 2003, ISBN: 978-3548602554
  • Auf der Sklavenroute. Meine Reise nach Westindien. EA 1962. Berlin, List Verlag 2001, ISBN: 978-3548602394
  • Guerillas. EA 1975. Berlin, List Verlag 2001, ISBN: 978-3548602387
  • An der Biegung des großen Flusses. EA 1979. Berlin, List Verlag 2002, ISBN: 978-3548602561
  • Eine islamische Reise. Unter den Gläubigen. EA 1988. Berlin, List Verlag 2002, ISBN: 978-3548602547
  • Das Lesen und das Schreiben. EA 2000. Berlin, List Verlag 2005, ISBN: 978-3548605210
  • Des Nachtwächters Stundenbuch und andere komische Entdeckungen. Ein Roman und elf Erzählungen. EA 2004. Berlin, Claassen Verlag 2004, ISBN: 978-3546003544
  • Indien. EA 2006. Berlin, List Verlag 2007, ISBN: 978-3548607658

Hörspiele

  • Des Nachtwächters Stundenbuch. 2 CDs. Düsseldorf, Patmos Verlag 2005, ISBN: 978-3491911871

Sekundärliteratur

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