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Brüder Grimm

Jacob Grimm (geb. 4. Januar 1785 in Hanau; gest. 20. September 1863 in Berlin) und Wilhelm Grimm (geb. 24. Februar 1786 in Hanau; gest. 16. Dezember 1859 in Berlin) waren deutsche Märchensammler und gelten als Gründungsväter der Philologie. Ihre Sammlungen „Kinder- und Hausmärchen“ (1812/1815) und „Deutsche Sagen“ (1816/1818) machten sie weltberühmt.

Leben und Schreiben

Jacob (re.) und Wilhelm Grimm, gemalt von Elisabeth Baumann 1855 - (c) Phrood/Wikipedia.org

Die Brüder Grimm wurden in Hanau geboren, einer kulturell und politisch nicht unbedeutenden Stadt im südöstlichen Hessen. Im 19. Jahrhundert stieg Hanau zeitweilig zu einem Zentrum der demokratischen Bewegung in Deutschland auf. Auch die Brüder Grimm sollten in dieser Episode eine denkwürdige Rolle spielen. Jacob? und Wilhelm Grimm? waren die ältesten Kinder einer calvinistischen Beamten- und Pastorenfamilie. Ihre Jugend verlebten sie jedoch nicht in ihrem Geburtsort, sondern im nahe gelegenen Steinau, wo der Vater eine Stelle als Amtmann bekleidete. 1796 starb Vater Philipp Wilhelm Grimm an einer Lungenentzündung.

Um ihnen eine gute Ausbildung zu ermöglichen, schickte Mutter Dorothea Grimm ihre beiden ältesten Söhnen im Herbst 1798 zu ihrer Tante nach Kassel. Dort besuchten sie zunächst das Friedrichsgymnasium, das erst wenige Jahre zuvor gegründet worden war. Später studierten sie in Marburg Jura. Einer ihrer Lehrer, der angesehene Rechtsgelehrte Friedrich Carl von Savigny, machte die wissensdurstigen jungen Männer mit den Werken? der Romantiker und der mittelalterlichen? Minnesänger? bekannt. Ihre Liebe zu Sagen, Märchen und Volksliedern ist wohl in dieser Zeit voll erwacht. Eine Liebe, deren Stern bis an ihr Lebensende nicht mehr untergehen sollte.

Foto: Phrood/Wikipedia.org

Ein Klassiker entsteht: „Kinder- und Hausmärchen“ (1812/1815)

Nach dem Studium waren Jacob? und Wilhelm Grimm? als Bibliothekare und Sekretäre in Kassel beschäftigt. Sie führten ein zurückgezogenes, fast einsiedlerisches Gelehrtenleben, das sie beinahe ganz in den Dienst einer groß angelegten Sammlung von volkstümlichen Märchen und Sagen stellten. Den Haushalt ließen sie sich unterdessen von ihrer Schwester Lotte besorgen. Das Ergebnis ihrer unermüdlichen Forschungs- und Sammeltätigkeit sollte schließlich unter dem Titel „Kinder- und Hausmärchen“ (1812/1815) zu Weltruhm gelangen. Der erste Band enthielt 86 Märchen, der zweite Band 70 Märchen. Bis 1857 erschienen sieben veränderte, stilistisch und inhaltlich überarbeitete Auflagen?.

Die „Kinder- und Hausmärchen“ gelten heute als maßgebliche Sammlung vonVolksmärchen. „Wir haben uns bemüht, diese Märchen so rein wie möglich aufzufassen … Kein Umstand ist hinzugedichtet oder verschönert oder abgeändert worden“, hieß es in der Vorrede?. Das stimmte jedoch nicht ganz. Um größere Lebendigkeit zu erreichen, wurden häufig poetische Verse und direkte Rede? in den Text integriert. Vor allem Wilhelm Grimm? legte an das zusammengetragene Material öfter formende Hand an, wobei er sich am seinerzeit als historisch verbindlich geltenden Deutsch der Lutherbibel orientierte. Seinem Erzähltalent ist es hauptsächlich zu verdanken, dass die „Kinder- und Hausmärchen“ zu einem wahren Volksbuch? geworden sind. Ab 1823 wurde sogar eine illustrierte englische Ausgabe? der „Kinder- und Hausmärchen“ veröffentlicht.

Selber als Feldforscher betätigt haben sich die Brüder Grimm nicht. Sie haben sich die Märchen zutragen lassen. Eine besonders ergiebige Quelle? war übrigens die Märchenerzählerin? Dorothea Viehmann?, die in der Gaststube ihres Vaters viele Märchen, Geschichten und Sagen gehört hatte. Besonders beeindruckt waren die Brüder Grimm davon, dass sie die Märchen immer wieder in unveränderter Wortwahl zu erzählen wusste. Zwei der bekanntesten Märchen, die auf sie zurückgehen, sind „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ und „Der Teufel und seine Großmutter“.

Interessant ist, dass Dorothea Viehmann hugenottische Wurzeln besessen und deshalb, so der Wuppertaler Philologe und Volkskundler Heinz Rölleke?, den Grimms auch Märchen französischen Ursprungs erzählt habe. Dass "ihre" Volksmärchen deutscher Herkunft seien, haben die Brüder denn auch nie behauptet - das Adjektiv "deutsch" haben sie im Titel der Sammlung stets vermieden. Neben Viehmann war eine Reihe weiterer Leute als Zuträger aktiv - nach Rölleke etwa 40 Personen. Viele von ihnen gehörten dem gebildeten Bürgertum an.

Angeregt zu ihrer Märchensammlung wurden die Brüder Grimm übrigens von Achim von Arnim und Clemens Brentano?, die Anfang der 1800er Jahre mit ihrer drei-bändigen Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ für Aufsehen gesorgt hatten. Brentano hatte diesen Erfolg mit Märchen wiederholen wollen und die Grimms, die damals noch studierten, um Mithilfe gebeten.

„Deutsche Sagen“ (1816/1818)

Im Jahr 1816 veröffentlichten die Brüder Grimm den ersten Band ihrer „Deutschen Sagen“, der zweite Band folgte 1818. Auch dieses Werk? war das Ergebnis einer langen und leidenschaftlichen Sammeltätigkeit, die rund zehn Jahre in Anspruch genommen hatte. Insgesamt enthielten beide Bände 585 lokale und geschichtliche Sagen. Viele davon zeigen den Kampf und das Leben des Menschen in einer dämonisierten Umwelt: Es wimmelt nur so von Kobolden, Zwergen, Riesen, Elfen und Hexen, die manchmal böse, manchmal gut, aber immer sehr geheimnisvoll sind. Grimms „Deutsche Sagen“ ist eine der wichtigsten Sagensammlungen des 19. Jahrhunderts. Aus finanzieller Sicht blieb das Unternehmen jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Die Sagensammlung wurde zu Lebzeiten der Brüder nicht neu aufgelegt?.

Das Geheimnis ihrer Zusammenarbeit

Die enge und lebenslange Zusammenarbeit der Brüder Grimm war wohl auch deshalb so fruchtbar, weil beide auf unterschiedlichen Gebieten tätig waren. Wilhelm? verfügte über großes literarisches und künstlerisches Können. Er gab vor allem den Märchen einen gewissen sprachlichen und atmosphärischen Dreh, der die Leser begeistert und bis heute gefangen nimmt. Außerdem soll er ein hervorragender Pädagoge und Lehrer gewesen sein.

Jacob? hingegen wandte sich vor allem der Altertumskunde und germanischen Sprachwissenschaft zu. Er konnte Wochen und Monate über winzigen Details brüten. Sein scharfer, analytischer Geist fand erst Befriedigung, wenn eine einleuchtende Antwort auf dem Studiertisch lag. Streit gab es zwischen den Geschwistern natürlich auch. Vor allem dann, wenn der eine in den geistigen Revieren des anderen wilderte. Das soll aber nicht besonders häufig vorgekommen sein, sagt man.

Als ihre Schwester Lotte einen erfolgreichen Juristen und späteren kurhessischen Minister heiratete und daher nicht länger den gemeinsamen Haushalt führen konnte, vermählte Wilhelm? sich 1825 mit Henrietta Dorothea Wild – einer hübschen Apothekerstochter, die nun Lottes Platz einnahm. Nach Wilhelms? Tod blieb sie übrigens bei Jacob? und pflegte den kranken Schwager. Weil Jacob? – anders als erwartet – in Kassel nicht zum Oberbibliothekar befördert wurde, zogen die Grimms 1829 – einigermaßen niedergedrückt, man kann schon fast sagen deprimiert – nach Göttingen.

Protest: Die „Göttinger Sieben“

Denkmal von Syrius Eberle für die Brüder Grimm in Hanau - (c) Dr. Meierhofer/Wikipedia.org

In Göttingen gelangten die Brüder unverhofft zu politischer Bekanntheit. Das kam so: König Ernst August II. von Hannover hob 1837 die erst vier Jahre zuvor erlassene Verfassung seines Staates auf. Gegen diesen Willkürakt protestierten die „Göttinger Sieben“, zu denen neben Jacob? und Wilhelm Grimm? noch fünf weitere bekannte Gelehrte gehörten. Wenig später wurden die couragierten Professoren ihrer Ämter enthoben. Der Ruf der Göttinger Universität litt noch lange Zeit an der Entlassung dieser hervorragenden Lehrer. Manche sagen – natürlich im Scherz – bis heute! Immerhin heißt die Adresse des heutigen Uni-Campus "Platz der Göttinger Sieben".

Doch in diesem schmerzhaften Ereignis lag auch ein Gutes für die Brüder Grimm: Alexander von Humboldt?, Bettina von Arnim und andere einflussreiche Persönlichkeiten setzten sich fortan energisch dafür ein, dass König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Brüder Grimm 1840 nach Berlin einlud, wo sie im Jahr darauf Mitglieder der Akademie der Wissenschaften wurden. Rund 20 Jahre lang lebten sie in nun in der aufstrebenden Hauptstadt Preußens, unbelastet von den finanziellen Ungewissheiten der Vergangenheit.

Foto: Dr. Meierhofer/Wikipedia.org

Das „Deutsche Wörterbuch“ entsteht

Ein weiteres Lebenswerk der Brüder Grimm ist das „Deutsche Wörterbuch“. Begonnen wurde das etymologische? (Lehre von der Entstehung der Wörter) Wörterbuch? der deutschen Sprache 1838, der erste Band erschien 1854, der 32. und letzte Band 1961, ein zusätzlicher Quellenband? erschien 1971. Das „Deutsche Wörterbuch“ ist das größte und umfassendste Wörterbuch? aller deutschen Wörter seit dem 16. Jahrhundert mit ihren Bedeutungen und Belegstellen aus Hunderten von literarischen Werken?, aber auch aus Fachsprachen und aus dem Alltagsgebrauch. Eine Besonderheit, die das Wörterbuch? bei vielen Zeitgenossen außerordentlich beliebt machte: Es enthält auch Schimpfwörter!

Insgesamt enthält es rund 400 000 Einträge, die über mehr als 67 000 Spalten laufen! Es sollte, so wünschten es die Brüder Grimm, ein „Wörterbuch zum Hausbedarf“ sein. Es richtete sich nicht nur an Gelehrte und Philologen der ersten Stunde, sondern ausdrücklich auch an den einfachen Mann und die einfache Frau, die den Ursprüngen ihrer Sprache und damit auch ihren eigenen („vaterländischen“, so schrieben die Grimms) Wurzeln nachspüren sollten. In Erinnerung an seine berühmten Schöpfer wird das „Deutsche Wörterbuch“ heute auch kurz und knapp „Der Grimm“ genannt. Der Reprint? von 1984 wurde zu einem überraschenden Verkaufserfolg.

Eine Liebeserklärung

Wilhelm Grimm? starb 1859, sein Bruder Jacob? 1863. Sie wurden auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg beigesetzt. Die gemeinsame Grabstätte gehört heute zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.

Leben und Werk? der Brüder Grimm lieferte den Stoff zu zahlreichen Büchern und Verfilmungen. Als besonders gelungen gilt z. B. Günter Grass’ Roman „Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung“ (2010).

Übrigens ...

Zu einer „Kleinen Ausgabe“ der Kinder- und Hausmärchen von 1825 steuerte ihr Bruder Ludwig Emil Grimm? (1790-1863) zahlreiche Illustrationen bei. Ludwig Emil? gelangte als Maler und Kupferstecher zu Bekanntheit. Berühmt sind vor allem die Porträts seiner Brüder Wilhelm? und Jacob? sowie die Zeichnung der „Märchenfrau“ Dorothea Viehmann? aus dem Jahre 1814.

Werke (Auswahl)

  • Bücher von den und über die Brüder Grimm bei Jokers
  • Deutsche Sagen. EA 1816/1818. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN: 978-3596902767
  • Kinder- und Hausmärchen. 3 Bände. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Herausgeber Heinz Röllecke. EA 1812/1815. Reclam Verlag, Ditzingen 2010, ISBN: 978-3150300428

Hörbücher

  • Brüder Grimm. Die Märchen Box. 5 CDs. Argon Verlag, Berlin 2006, ISBN: 978-3866101630
  • Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung. Gelesen von Günter Grass. Steidl Verlag, Göttingen 2010, ISBN: 978-3869301938

Sekundärliteratur

  • Martus, Steffen: Die Brüder Grimm. Eine Biographie. Rowohlt Verlag, Berlin 2009, ISBN: 978-3871345685
  • Rölleke, Heinz: Die Märchen der Brüder Grimm. Eine Einführung. Reclam Verlag, Ditzingen 2004, ISBN: 978-3150176504
  • Schede, Hans-Georg: Die Brüder Grimm. Cocon Verlag, Hanau 2009, ISBN: 978-3937774695

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